Verein 17.Juni 53 isoliert

Berlin – Der Verein 17.Juni 53 gilt bei vielen in der SED-Opferszene als isoliert. Grund sind neue Falschmeldungen, verbreitet auf der Homepage der Organisation. Sie richten sich diesmal gegen Alexander Latotzky, der Ende Mai zum neuen Chef des Bautzen-Komitees gewählt wurde. Anstatt im 60. Jahr des DDR-Volksaufstandes integrativ in der Opferszene zu wirken, setzt der Verein 17.Juni offenbar weiter auf Konfrontation. Latotzky sei mangels Konkurrenz „fast automatisch“ gewählt worden, wettert Autor „CW“. Er arbeitet sich an dem Gescholtenen ab, ohne diesen zu Wort kommen zu lassen. Journalistische Mindeststandards werden also missachtet. Niedermachen scheint die Devise. Darin ist man geübt. 17.Juni-Chef Carl-Wolfgang Holzapfel ist bereits aufgrund von Falschmeldungen rechtskräftig verurteilt zur Unterlassung.

Sippenhaft – das Gedankengut der Nazis

Da wird zunächst Latotzkys vor Jahrzehnten verstorbene Mutter aus der Mottenkiste gezogen. Sie soll angeblich bis kurz vor ihrem Tod für den KGB und die Stasi gearbeitet haben, weiß Autor „CW“ zu verkünden. Ist diese Aussage nur unprofessionell recherchiert oder bewusst verfälscht, fragen Experten. Denn bei sorgfältiger Recherche in Büchern und TV-Material hätte „CW“ die Tatsachen zitieren können. Und außerdem: Wieso sollte Latotzky für seine Mutter büßen? Sippenhaft, das Gedankengut der Nazis, scheint bei Autor „CW“ virulent, auch auf seinem neuen propagandistischen Feldzug in mehreren Akten.

Kind weggenommen – Mutter erpresst

Latotzkys Mutter war während der NS-Zeit wegen unerlaubten Kontakten zu einem französischen Kriegsgefangenen in einem geschlossenen Jugendheim untergebracht. Als politische Gefangene erlebte sie nach dem Krieg die sowjetischen Lager Torgau, Bautzen und Sachsenhausen sowie die DDR-Gefängnisse Hoheneck und Waldheim. In Bautzen brachte sie ihren Sohn Alexander zur Welt, der sie bis nach Hoheneck durch die Haft begleitete. Hier wurde er so wie auch andere Kinder der Mutter entrissen und in diverse Kinderheime verbracht. 1954 drohte man der Mutter, den Jungen zur Adoption freizugeben. Erst unter diesem Druck gab die Frau nach und unterschrieb eine Verpflichtungserklärung. Als sie nach 10 Jahren Haft 1956 begnadigt und in den Westen geschickt wurde, musste der Sohn jedoch als „Faustpfand“ in der DDR bleiben. Es dauerte noch ein weiteres Jahr, bis man von ihrer Arbeit überzeugt war und auch das Kind in den Westen entließ. Nur wenige Monate später stellte der KGB jedoch fest, dass ihre Berichte erfunden waren, sie nichts verwertbares berichtete und brach die Verbindung zu ihr ab. Zehn Jahre später starb sie mit nur 41 Jahren an den Spätfolgen der Haft. Auch in Gedenkstätten wird vor Schülern von diesem Schicksal berichtet. Die Fakten sind also bekannt und belegt. Das scheint den Autor „CW“ nicht zu interessieren. Er behauptet, Latotzkys Mutter sei bis kurz vor ihrem Tod Mitarbeiterin des KGB und der Stasi gewesen. Beim Leser soll offenbar hängenbleiben: Diese Frau war ein glühender Spitzel.

Autor „CW“ von der Abteilung Desinformation

Doch das Schwingen der Stasi-Keule gegen Latotzkys Mutter reichte dem Autor „CW“ offenbar nicht. „Umtriebig“ sei der neue Bautzen-Komitee-Chef gewesen; außerdem habe er „juristische Auseinandersetzungen“ mit einem Gedenkstättenchef geführt und sich als „Nachfolger“ um ein öffentliches Amt bemüht, schreibt der Autor. Welch schlimmer Finger – das soll wohl seine Nachricht sein. Nach Latotzkys Wahl hätten einige Mitglieder ihren Austritt aus dem Bautzen-Komitee angekündigt, weiß „CW“ außerdem zu vermelden. Zum Beleg zitiert er gleich aus angeblichen Schreiben der Ausgetretenen, verschweigt aber deren Namen. Zufall? Offenbar nicht. Recherchen zufolge ist nur eine Person nach Latotzkys Wahl aus dem Bautzen-Komitee ausgetreten, „CW“, der auch im Verein 17.Juni sitzt. Die Stasi-Methode der Desinformation grassiert also wieder in Opferkreisen.

Der Schrei wegen „SED-Zensur“

Da wundert es kaum, dass Autor „CW“ schließlich warnend suggeriert, mit Latotzky käme die „SED-Zensur“ zurück. Subtil verpackt wird dieser Vorwurf in Form einer Frage lanciert. Doch damit offenbart „CW“ erneut, dass er keine Ahnung von journalistischer Sorgfaltspflicht hat, wollte man ihm nicht Vorsatz unterstellen. Denn er moniert, der neue Bautzen-Komitee-Chef lasse auf seiner Homepage nicht jede Äußerungen zu. Ist das verboten, fragt man sich. Nein, beruhigen Fachleute. Es sei sogar die Pflicht jedes webmasters, beispielsweise wenn extreme Gedanken verbreitet werden. Dass man das im Verein 17.Juni, wo der „CW“-Artikel erschien, womöglich anders sieht, wäre erklärbar. Einerseits, weil von dort dubiose Schreiben verschickt und Journalisten angerufen wurden, um unliebsame Berichterstattung in eigener Sache zu unterdrücken. 17.Juni-Zensur eben. Andererseits, weil es braune Gründe gibt.

17.Juni-Chef Carl-Wolfgang Holzapfel war Nazi-Unterstützer

Denn 17.Juni-Chef Carl-Wolfgang Holzapfel hat Nazis unterstützt. Einst wollte er Hitler-Vize Rudolf Heß aus alliierter Haft freipressen, belegen Berichte der Springer-Presse. Später war er Fraktionschef der „Republikaner“ in Bayern und langjähriges Mitglied im Witikobund, der von SS-Größen gegründet wurde. Kürzlich trat Holzapfel im Schulterschluss mit dem früheren NPD-Spitzenfunktionär Manfred Rouhs (PRO) auf einer Kundgebung auf. Flankiert wird Holzapfel von seiner Lebensgefährtin Tatjana Sterneberg. Ihre Vergangenheit wird nicht als braun, sondern eher rot wahrgenommen. In der DDR war Sterneberg im Stasi-kontrollierten Interhotel „Stadt Berlin“ tätig, an sensibler Stelle also. Sie hatte Kontakt zu Ausländern. Mitte der siebziger Jahre durfte sie in den Westen übersiedeln. Ihre beruflichen Aufgaben dort bis zur Wende sind ihrem Wikipedia-Lebenslauf nicht zu entnehmen. Eine Stasi-Belastung gibt es aber wohl nicht. Doch Beobachter fragen: Wie war das eigentlich mit einer möglichen Mitgliedschaft in der SED-Nachwuchsorganisation FDJ? Zweifelhafte Voraussetzungen also, um gegen die vermeintliche Vergangenheit anderer zu hetzen.

Neue Zeitung Oldenburg, 08.06.2013

17.Juni: Carl-Wolfgang Holzapfel unter Druck

Berlin – Carl-Wolfgang Holzapfel, bereits wegen Falschmeldung verurteilt zur Unterlassung, ist wieder unter Druck. Der frühere Nazi-Unterstützer hat Rundfunk-Mitarbeiter verunglimpft. Einer von ihnen: Der Journalist Torsten Fuchs. Tatort ist die Homepage des Vereins 17.Juni 1953, der vielen als rechts gilt. Dort behaupten Holzapfel und seine Gefährtin Tatjana Sterneberg: Fuchs sei “einstiger Student an der Stasi-kontrollierten Journalistenschule der Uni Leipzig”. Doch Fuchs durfte zu DDR-Zeiten nicht Journalistik studieren, da er weder in die SED eintreten noch für die Stasi oder als Unteroffizier tätig sein wollte. So konnte der Regimegegner erst nach der Wende sein Journalistikstudium beginnen, als das „Rote Kloster“ bereits zerschlagen und entstasifiziert war. Auch die Behauptung, Fuchs sei vom MDR “gefeuert” und befinde sich auf “Stellensuche”, ist falsch. Weder wurde er vom MDR entlassen, noch suche er derzeit eine Stelle, sagte der 46-Jährige auf Anfrage.

Desinformation und ehrenrührige Behauptungen – ein Hobby des Carl-Wolfgang Holzapfel? Meist ist er durchschaubar, auch für Gerichte. Holzapfel ist bereits verurteilt zur Unterlassung, wegen Falschmeldung über den Journalisten Ronald Lässig (AZ 27 O 676/10). “Man könnte glauben, Holzapfel hat bei der Abteilung Agitation und Propaganda der SED gelernt”, sagen Betroffene. Doch der 69-Jährige hat keine rote, sondern eine dunkle Vergangenheit. Manche nennen sie braun. In den 1970er Jahren wollte Holzapfel den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß aus alliierter Haft freipressen, in den 1990er Jahren war Holzapfel Fraktionschef der Partei “Die Republikaner” in Bayern. Kürzlich trat Holzapfel im Schulterschluss mit Manfred Rouhs, Chef der rechten PRO-Bewegung und einst NPD-Spitzenfunktionär, bei einer Kundgebung in Berlin auf. Dort mit dabei: Tatjana Sterneberg.

Carl-Wolfgang Holzapfel gilt bei vielen als Prozesshansel mit dem Hang zu persönlichen Feldzügen. Für Auftritte vor Gericht beantragt er Hilfe. Das Kostenrisiko schreckt den 69-Jährigen offenbar nicht. Durch seine “Berichte” im Internet provoziert Holzapfel Streit. Auch den Autor Ilko-Sascha Kowalczuk brachte Holzapfel in Verbindung mit Stasi-Tätigkeiten, als er am 22.02.2013 reißerisch verbreitete: “War Stasi-Forscher Ilko-Sascha Kowalczuk ein Stasi-IM?” Kowalczuk hatte im Buch “Die verdrängte Revolution” über rechte Tendenzen im Verein 17.Juni 1953 berichtet. Holzapfel zog vor Gericht, scheiterte aber auch dort in wesentlichen Punkten. Das Buch wird weiter vom Bundesbeauftragten für Stasiunterlagen vertrieben. Mit Schreiben vom 11.02.2013 bekam Holzapfel eine saftige Kostenrechnung über 1.000 Euro von Rainer Wagner, dem Vorsitzenden des Dachverbandes der SED-Opfervereine (UOKG). Grund auch hier: Holzapfels schriftliche Ergüsse.

Doch welche Rolle spielt Holzapfels Weg- und Lebensgefährtin Sterneberg im Verein 17. Juni? Sie gilt bei vielen als Schild und Schwert für den Vorsitzenden. Sterneberg ist zur Stelle, wenn Holzapfel im Kreuzfeuer steht. Gelernt ist gelernt. In der DDR war Tatjana Sterneberg für das von der Stasi-Hauptabteilung VI kontrollierte Interhotel “Stadt Berlin” tätig. Mitte der 1970er Jahre durfte sie in den Westen übersiedeln. Ihre beruflichen Aufgaben dort bis zum Mauerfall 1989 sind ihrem Lebenslauf nicht zu entnehmen. Eine Stasi-Belastung gibt es aber wohl nicht.

Fest steht auch: Heute wird das dubiose Duo Holzapfel-Sterneberg von vielen als Kundschafter des Unfriedens wahrgenommen, das auf so manche Bühne drängt. Gut möglich, dass sie bald wieder Gelegenheit haben sich zu präsentieren, wenn auch unfreiwillig, weil vor Gericht. Denn die beiden von ihnen denunzierten Rundfunkmitarbeiter prüfen Strafanzeigen und Schadenersatzansprüche wegen übler Nachrede.

Mitteldeutsche Zeitung, 04.05.2013